Ob singen, tanzen oder eine virtuelle Olympiade: Zu
Weihnachten kommen Videospiele auf den Markt, die vollen
Körpereinsatz fordern. Vorgemacht hatte das Nintendo, doch jetzt
ziehen die anderen Hersteller nach. Die meisten Spiele sind für
die ganze Familie geeignet.
Viele Väter über 40 Jahre werden die Enttäuschung kennen, wenn sie in einem
Computerspiel gegen ihren Jungen antreten. Bis klar ist, welche Tasten die
Figur auf dem Bildschirm steuern, ist das Spiel schon verloren. Die meisten
Älteren wenden sich ohnehin mit Grausen vom Ballern und dem Geschrei auf den
Computermonitoren im Kinderzimmer ab. Zur diesjährigen Weihnachtssaison
bieten die Hersteller jedoch familienfreundliche Spiele an. Wichtiger als
bloßes Daddeln ist das Gemeinschaftserlebnis, wichtiger als die
Fingerfertigkeit ist die Bewegung des ganzen Körpers.
Den Trend gesetzt hat Nintendo mit der Wii,
die häufiger verkauft wird als Xbox oder PlayStation. Mit Bewegungen des
Spielers lassen sich Figuren und Gegenstände auf dem Bildschirm bewegen.
Schon Hunderttausende in Deutschland fuchteln mit der Steuerung durch die
Luft, um einen virtuellen Filzball beim Tennis über das Netz zu schlagen,
eine Bowlingkugel auf die Pins zu steuern oder gegen animierte Figuren zu
boxen.
"Die Wii ist das Bemerkenswerteste, was seit Langem auf
dem Spielkonsolenmarkt passiert ist. Sie ist das einzig wirkliche System der
nächsten Generation", sagt Will Wright, Erfinder des
meistverkauften PC-Spiels "Die Sims". Während die Konkurrenz ihre
Konsolen aufgerüstet hat und fast fotorealistische Grafik sowie lebensechte
Animationen ermöglicht, punktet die Wii mit direkter Steuerung. Die Spieler
können fühlen, was sie tun, und ihre Aktionen direkt in das Spiel
übertragen. Damit will Nintendo nicht mehr nur Experten für Spiele
begeistern, sondern möglichst die gesamte Familie vor den Bildschirm locken.
Anlass zur Wohnzimmer-Olympiade Sony hat darauf reagiert und die Preise für die PlayStation gesenkt.
Microsofts Xbox gibt es seit einigen Wochen als "Arcade"-Modell
für die Familie, ebenfalls mit einem Controller, der die Steuerbefehle
kabellos an die Konsole überträgt. Auch Nintendo legt nach, mit Wii-Fit und
neuen Spielen. Die Wii-Fit besteht aus einem kippeligen Brett, das über
Drucksensoren die Gewichtsverlagerung des Spielers misst. Damit sind
Aerobic- und Yoga-Übungen ebenso möglich wie Balancespiele, zum Beispiel
Skispringen und Kopfbälle.
Dazu kommen neue Spielprogramme. Besonders hoch ist der körperliche Einsatz
bei "Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen". In dem Spiel
kämpfen 16 Figuren in 20 Disziplinen um Medaillen. Beim Weitsprung muss der
Spieler Fernbedienung und den Nunchuk genannten Controller abwechselnd auf-
und abwärts schütteln. Mario, Sonic und die anderen flitzen so lange, bis
die Geschwindigkeit gehalten wird und der Sprung bevorsteht. Kurz vor der
Bodenmarkierung hebt der Spieler die WiiMote an und sein Sportler springt.
Ähnlich steuern die Spieler ihre Figuren beim Schwimmen sowie Staffel- und
Hürdenlauf. Beim Tontaubenschießen müssen sie die Fernbedienung direkt auf
das Ziel anlegen, wie bei Ballerspielen, die es ebenfalls für die Wii gibt.
Die Firma Capcom hat zum Beispiel ihr erfolgreiches Spiel "Resident
Evil 4" speziell mit Wii-Funktionen ausgestattet. Statt indirekt über
die Steuerung der Spielfigur zu schießen, lenkt der Spieler ein Fadenkreuz
auf die Gegner.
Mitte der 80er-Jahre gab es für ähnliche Spiele den Zapper, eine
Lichtpistole für das Nintendo-System, die Anfang Dezember wieder erhältlich
sein wird. Fernbedienung und Nunchuk werden dort eingesetzt, sodass beide
Controller-Teile wie ein Gerät funktionieren. Dazu gibt es das Spiel "Link's
Crossbow Training", eine Art Moorhuhn-Schießen. In 27 Spielstufen jagt
der Held Link feste, bewegliche oder überraschend auftauchende Ziele.
Virtuell fremde Planeten erforschen Beschaulicher geht es dagegen in der Unterwasserwelt "Endless Ocean"
zu. Allein oder mit Partner taucht der Spieler durch Korallenriffe, spielt
mit Delfinen, erkundet Schiffswracks, trifft Wale und registriert alle
Meeresbewohner in seinem Logbuch. Fantastischer geht es in Segas für Januar
angekündigtem "Nights: Journey of Dreams" zu. Mithilfe der
Wii-Fernbedienung gleitet der Titelheld Nights in einem schwerelosen Flug
durch sieben Traumwelten. Er segelt dabei über sprudelnde Wasserfälle,
vorbei an Fischschwärmen oder durch riesige Tunnel und Seifenblasen.
Auch die wohl bekannteste Figur aus einem Videospiel lässt sich mit
ausholenden Bewegungen durch die animierte Welt auf dem PC-Monitor lenken.
Bei "Super Mario Galaxy" hüpft Nintendos Mario durch den Weltraum.
Erzfeind Bowser hat Prinzessin Peach samt ihrem Schloss der Erde entrissen.
Der bärtige 3-D-Klempner springt bei seiner Suche von einem Planeten zum
nächsten und muss sich in 40 Galaxien durch Lava-, Eis-, Pflanzen-,
Geister-, Wüsten- oder Wasserwelten schlagen.
Springen kann Mario in jeder erdenklichen Weise: mit doppeltem oder
dreifachem Salto, rückwärts, weit und hoch. Besondere Pilze machen ihn
unverwundbar oder verleihen ihm kurzzeitig Kräfte. Mit deren Hilfe kann er
durch Wände oder über Wasser laufen, als Biene durch die Luft surren oder
Feuerbälle werfen. Gegen Asseln und Tausendfüßler oder Pflanzen und Roboter,
die so groß wie ihr Heimatplanet sein können, muss sich Mario wehren. Um
einen Wirbelangriff auszuführen, schüttelt der Spieler heftig den Controller.
Das kann gefährlich werden. Anfangs hatte
Nintendo die Wii nur mit einer lockeren Schlaufe zur Befestigung am
Handgelenk ausgestattet. Beim Tennisspielen flutschte einigen Spielern der
Controller aus der Hand und landete in der Glastür der Schrankwand. Mit
einer festeren Schlaufe hat Nintendo das Problem gelöst. Britische Forscher
warnen jedoch vor einer anderen Gefahr. Untrainierte Couch-Potatos sollten
sich vor Spielbeginn aufwärmen, raten sie. Ansonsten könnten sich ihre
Gelenke im Arm entzünden. In Selbsthilfe-Foren nennen Teilnehmer die
Erkrankung bereits Wii-Ellenbogen.
Weitere Spiele für mehr Bewegung im WohnzimmerGuitar Hero
Guitar Hero
Bei
"Guitar Hero" von Activision drückt der Spieler im Takt der
laufenden Musik Tasten auf einer Plastikgitarre. Nur bei passendem Spiel des
Instruments kann der Spieler punkten.
EyeToy
Eye Toy
Sonys
PlayStation Eye besteht aus Webcam und Mikrofon. Bei dem Kartenspiel "Eye
of Judgement" zum Beispiel erfasst die Kamera die abgelegten Karten und
lässt die abgebildeten Monster Kämpfe live auf dem Bildschirm austragen.
Dancing Stage
Dancing Stage
Bei
Konamis "Dancing Stage" zeigt der Bildschirm zur Musik abgestimmte
Pfeile. Der Spieler auf der Tanzmatte versucht, möglichst schnell auf die
dargestellten Pfeile zu treten.