Miese Stimmung in der Wirtschaft: Gebremst vom starken Euro und hohen Energiekosten hat die deutsche Industrie im April an Schwung verloren. Auch in der übrigen Euro-Zone mehren sich die Anzeichen, dass die Aufschwungkräfte erlahmen.
Berlin - Der teure Euro drückt auf die Laune: Die Stimmung der Einkaufsmanager im Verarbeitenden Gewerbe in der Euro-Zone - eine wichtige Messgröße für die allgemeine Wirtschaftslage - hat sich im April offenbar stärker als zunächst gemeldet eingetrübt.
Der Einkaufsmanagerindex sei von 52,0 Punkten vom Vormonat auf 50,7 Punkte zurückgegangen, verlautete am Freitag aus Kreisen. In der Erstschätzung waren 50,8 Punkte ermittelt worden. Die von Thomson Financial News befragten Volkswirte hatte mit einer Bestätigung gerechnet. Ab einem Wert von 50 Punkten deutet der Indikator auf einen Anstieg der wirtschaftlichen Aktivität hin. Liegt die Kennziffer unter diesem Wert, kann von einem Rückgang ausgegangen werden.
Vor allem der französische Indikator sank stärker als zunächst mitgeteilt. Er verringerte sich von 51,9 Punkten im Vormonat auf 51,1 Punkte. Ursprünglich waren 51,5 Punkte gemeldet worden. Experten hatten sogar 52 Punkte erwartet.
In Italien trübte sich der Wert ebenfalls deutlich ein. Er sank von 49,4 Punkten im Vormonat auf 48,2 Punkte. Hier hatten Experten einen Rückgang auf 48,4 Punkte erwartet. In Deutschland sank der Indikator im April wie ursprünglich gemeldet. So trübte sich die Stimmung der Einkaufsmanager für das Verarbeitende Gewerbe von 55,1 auf 53,6 Punkte ein. Experten waren aber von 54,2 Punkten ausgegangen.
Ein anderes Barometer für Deutschland bestätigt die schlechte Stimmung: Der NTC/BME-Einkaufsmanagerindex fiel auf 53,6 Zähler von 55,1 Punkten, wie das Forschungsinstitut NTC zu seiner Umfrage unter rund 500 Unternehmen mitteilte. Damit sank das Barometer so tief wie zuletzt im Dezember. Zwar kurbelten die Firmen ihre Produktion zu Beginn des zweiten Quartals an, um ihre Aufträge besser abarbeiten zu können. Zugleich kamen jedoch nicht mehr so viele neue Bestellungen herein wie in den beiden Vormonaten.
Die Rekordjagd des Euro machte sich in einer nachlassenden Nachfrage aus dem Ausland bemerkbar: Die Betriebe verbuchten das zweitniedrigste Export-Orderplus seit gut drei Jahren. Dabei wirkte sich auch die Konjunkturschwäche in den USA und in EU-Staaten wie Italien und Spanien negativ aus. Auch der Stellenaufbau wurde gebremst und fiel geringer aus als in den fünf Vormonaten. Am meisten neue Arbeitsplätze schufen die Investitionsgüterhersteller.
Die deutsche Vorzeigebranche Maschinenbau hatte bereits im März Federn gelitten. Zum ersten Mal seit Jahren gingen die Aufträge für Maschinen und Anlagen "Made in Germany" zurück. Der Branchenverband VDMA hofft für April jedoch auf bessere Zahlen.
Gegenwind verspüren die Industriebetriebe derzeit wegen steigender Kosten: "An der Preisfront verdeutlichen der immer teurere Stahl und die gestiegenen Energiekosten, welche Kostenschübe die Unternehmen verkraften müssen", sagte NTC-Volkswirt Tim Moore. Die Einkaufspreise legten fast genauso stark zu wie im Vormonat. Zugleich hoben die Industrieunternehmen ihre Preise ab Werkstor kräftig an.
Trotz Finanzmarktkrise - keine Kreditklemme in Deutschland
Immerhin: Wenigstens die US-Finanzmarktkrise spüren deutsche Unternehmen bislang noch weniger als befürchtet. Die Kreditkonditionen für deutsche Firmen haben sich zumindest nach einer DIHK-Umfrage nur wenig verschlechtert. "Es gibt bislang nur geringe Anzeichen, dass die US-Finanzmarktkrise die Finanzierung der Investitionen in Deutschland beeinträchtigt", zog der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Freitag das Fazit aus einer im April aktualisierten Umfrage unter rund 20.000 Firmen.
Der Verband nannte es "bemerkenswert", dass mit 70 Prozent ein Großteil der befragten Unternehmen trotz der doppelten Prüfung der Kreditwürdigkeit durch die Banken von unveränderten Konditionen sprach. Elf Prozent der Firmen berichteten gar von verbesserten Kreditbedingungen, während knapp ein Fünftel eine Verschärfung beobachtete.
Der DIHK bewertete dieses Ergebnis als umso interessanter, als die Banken als Folge der Turbulenzen ihre Kreditstandards zusätzlich zu den sogenannten Basel-II-Vereinbarungen nochmals verschärft hatten. "Die Auswirkungen der Finanzmarktkrise dürften sich auch deshalb in Grenzen halten, weil viele Unternehmen Investitionsprojekte bereits im letzten Jahr angeschoben haben", hieß es beim DIHK zur Erklärung. Zudem hätten etliche Unternehmen mit einem harten Sanierungskurs in der jüngsten Vergangenheit ihre Wettbewerbskraft und ihr Eigenkapital gestärkt. Die bessere Ertragslage habe es häufig zugelassen, Investitionen aus Eigenmittel zu finanzieren.
Ganz ohne Folgen bleibe die Finanzmarktkrise dennoch nicht. Die Kreditgeber prüften ihre Risiken schärfer. Im Einzelfall könnten vor allem bei bonitätsschwachen Unternehmen oder risikoreichen Investitionen die Hürden höher werden oder auch höhere Risikoaufschläge anfallen. Sektoral betrachtet müssten vor allem der Handel und die Bauwirtschaft relativ schlechter Konditionen hinnehmen. Von der Größe her hätten am ehesten Firmen mit maximal 20 Beschäftigten Probleme.