Neonazis kaperten zwei Regionalzug-Waggons
Sie kamen vermummt und in einer großen Gruppe: Rund 60 Neonazis haben am 1. Mai einen Regionalzug nach Hamburg geentert und die Lautsprecheranlage unter ihre Kontrolle gebracht - dann beschallten sie die Waggons mit ausländerfeindlichen Parolen. Die Polizei kam erst, als alles vorbei war.
Hamburg - Ein Teil der Neonazi-Gruppe besetzte die ersten beiden Waggons des Regionalzuges von Pinneberg nach Hamburg. Sie verweigerten anderen Reisenden den Zutritt mit den Worten "dies ist eine geschlossene Gesellschaft". Ein Polizeisprecher bestätigte den Vorfall auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE.
Neonazis bei einem Aufmarsch am 1. Mai in Hamburg: Hetze gegen Ausländer
Während der Fahrt zu den Mai-Krawallen bemächtigten sich die teils vermummten Neonazis der Lautsprecheranlage. Nach Aussagen von Fahrgästen grölten sie: "Ab heute transportiert die Deutsche Bahn AG Ausländer und Deutsche getrennt". Für Ausländer stünden "Güterwagen zur Verfügung".
Das Zutrittsverbot gelte "nicht für skandinavische Ausländer" und "auch nicht für Ausländer, die einen gültigen Sterilisations-Ausweis haben". Zwangssterilisationen gehörten zur sogenannten Rassenhygiene der Nazis im Dritten Reich. Hunderttausende Kranke und Behinderte wurden zwangssterilisiert.
Der Polizeisprecher widersprach der Darstellung der "Bild"-Zeitung, wonach Bundespolizisten tatenlos zugesehen hätten. Demnach durften die Neonazis nach dem Vorfall unbehelligt am Bahnhof Hamburg-Dammtor aussteigen. Die Polizei betonte dagegen, der telefonische Notruf einer Zeugin sei erst bei der Bundespolizei eingegangen, als der Zug bereits im Bahnhof gehalten habe. Immerhin konnte die Polizei nach Darstellung des Sprechers die Personalien mehrerer Beteiligter aufnehmen.